Arbeit und Muße, Lebenskampf und Meditation, Wirken und Schauen scheinen wie Gegensatzpaare einander gegenüber zu stehen und sich im täglichen Lebensvollzug auszuschließen. Wer hätte nicht mit diesen polaren Seiten in seiner persönlichen Lebensgestaltung täglich zu ringen? Bei Meister Eckhart aber bilden diese Gegensatzpaare eine dynamische Einheit. Wir wollen im Seminar an Hand von ausgewählten Texten Meister Eckharts dieser dynamischen Einheit und Spannung von vita activa und vita contemplativa nachgehen und uns fragen, inwiefern und inwieweit uns daraus eine konkrete Lebenshilfe für den Alltag erwachsen kann. Ergänzt werden unsere Lektüre und das gemeinsame Nachdenken durch angeleitete stille Einheiten, die auf den Weg in Richtung Kontemplation führen sollen. Meister Eckhart lehrt in seinen deutschen Predigten die Einheit von Gottes- und Nächstenliebe, indem er aufzeigt, dass unsere innerliche Liebe zu Gott sich einzig und allein in unserer tätigen Nächstenliebe verwirklicht. Dabei geht es um die Einübung einer authentischen personalen Haltung, die dann in uns heranwächst, wenn wir ohne Anhaftung an unser selbstbezügliches Ich für die Mitmenschen tätig werden. Gleichsam aus dem tiefsten Grund Gottes heraus motiviert erfahren wir uns im Vollzug dieses tätigen Lebens als die kontemplativ Beschenkten, insofern wir darin zugleich unserem wahren Selbst, so wie Gott uns gedacht hat, begegnen. Wir erkennen uns in diesem aktiven Wirken für das Leben anderer Menschen so, wie wir von Gott erkannt (= gemeint) sind. Diese Erfahrung als Einheit von Erkennen (contemplatio) und Wirken (actio), die immer als beglückend oder beseligend erlebt wird, vermag alle Dualismen von Betrachten und Handeln, von Meditation und Kampf usw. aufzuheben. Im Mittelpunkt stehen die gemeinsame Lektüre und Interpretation ausgewählter Texte Meister Eckharts, die wir uns im Dialog Schritt für Schritt verständlich machen wollen. Es sind keine Vorkenntnisse nötig, sondern nur die Bereitschaft, sich auf die Gedanken Meister Eckharts verstehend einzulassen. Dem Austausch und Gespräch über eigenen Erfahrungen auf dem inneren Weg wird entsprechend den Wünschen der Teilnehmenden Raum gegeben.